NACHHALTIG

Ein zweites Leben

Immobilien sind eine langfristige Investition. Häufig aber durchlaufen sie im Laufe ihres Lebens Veränderungen wie An- oder Umbauten, in deren Prozess Bestandteile des Gebäudes rückgebaut werden müssen. Während solcher Maßnahmen, spätestens aber am Ende der Nutzungsdauer, werden die Baustoffe meist gemischt entsorgt und sind damit für eine weitere Nutzung im Hochbau verloren. Dieses teure und ökologisch unbefriedigende Verfahren kann sich unsere Gesellschaft nicht länger leisten. Unser langfristiges Ziel muss es sein, Gebäude – ganz im Sinne der Cradle-to-Cradle-Idee – selbst als eine Art Materiallager nutzbar zu machen.

Denn die Baubranche trägt eine große Verantwortung für Nachhaltigkeit und Klimaschutz. Sie ist neben einem hohen Energie- und Ressourcenverbrauch für 25 Prozent der Treibhausgasemissionen in Europa verantwortlich und der Wirtschaftszweig mit dem höchsten Abfallaufkommen weltweit. Damit bietet sie ein riesiges Potenzial zur Ressourcenschonung und für Klimaneutralität.

© Behrendt & Rausch

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Rückbau leicht gemacht

Um die Lebenszyklusaufwendungen eines Gebäudes zu minimieren, empfiehlt sich eine bauliche Trennung von Statik, Wärmedämmung und Witterungsschutz. So können die Bauteilschichten separat rückgebaut und weitergenutzt werden. Mauerwerk aus Kalksandstein ist zu hundert Prozent wiederverwertbar. Recycelt kommt das Material unter anderem im Straßenbau oder als Vegetationsbaustoff zum Einsatz – sortenrein sogar zur Herstellung neuer Steine. Sämtliche Reste, die bei der Produktion im Werk entstehen, fließen bereits heute als Zuschlagstoff wieder in die Steinproduktion zurück. Darüber hinaus kann sortenreines Recyclingmaterial aus Kalksandstein im Sinne einer funktionierenden Kreislaufwirtschaft zurück in den Produktionsprozess geführt werden. Zur sortenreinen Gewinnung von RC-Material ist es bedeutend, dass Verunreinigungen, Gipsputz, Bitume oder andere Anhaftungen innerhalb des selektiven Rückbaus von den Steinen entfernt werden.

Das erste Zero Waste WDVS

Wie alle Verbundbauweisen standen Wärmedämm-Verbundsysteme lange wegen der fehlenden Möglichkeit zur Trennung und zum Recycling der Verbundkomponenten in der Kritik. Ein neuartiges WDVS von Saint-Gobain Weber ermöglicht nun erstmals einen sortenreinen Rückbau sowie die vollständige Wiederverwertung der Bestandteile. Das System wird mechanisch an der Wand befestigt und lässt sich rückstandslos lösen. Ein in den speziell entwickelten Grundputz eingebettetes Separationsgewebe und der Verzicht auf Kleber sorgen dafür, dass es vollständig rückgebaut und getrennt werden kann. Die demontierten Bauteile – Dämmstoff, Dübel, Gewebe und mineralische Putzmörtel – werden separat gesammelt und als sortenreine Rohstoffe einer neuen Nutzung zugeführt.

Die Mineralwolle kann in die direkte Wiederverwertung gehen. Dämmstoff bleibt Dämmstoff, daher findet die Mineralwolle eine neue Aufgabe z.B. geflockt als Einblasdämmung oder in Gebäudetrennfugen. Der Putz wird zermahlen und als Zugabe in untergeordneten mineralischen Baustoffen verwendet.

 

Auch das Gewebe wird zerkleinert und beispielsweise zur Verstärkung von Kunststoff-Bauteilen verwendet. Die Stahlschrauben werden nach der Trennung von der Polyamid-Ummantelung eingeschmolzen und für neue Stahlprodukte verwendet. Und der Dübelkunststoff findet als Druckunterlage für die Fremdmontage an WDV-Systemen einen neuen Einsatzzweck.

Das neuartige Wärmedämm-Verbundsystem ist mit dem Umwelt-Siegel der „Blaue Engel“ zertifiziert. Es weist das System als schadstofffreien und umweltgerechten Wärmeschutz aus und attestiert ihm eine algizidfreie Fassade. Wer umweltbewusst planen und bauen möchte, ist damit auf der richtigen Seite.